Armut in Deutschland - HEUTE

Veröffentlicht auf von Chili

Jeder achte Deutsche ist arm


Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander


Die Diagnose gleicht einem Armutszeugnis: In Deutschland werden die Reichen immer reicher, die Bedürftigen immer ärmer. 13 Prozent der Bürger gelten als arm, weitere 13 Prozent werden nur durch Kindergeld oder Arbeitslosengeld II vor dem Abrutschen bewahrt. 

Ohne diese Sozialtransfers wäre jeder Vierte arm. Mehr als zehn Millionen leben dennoch am Rande der Wohlstandsgesellschaft, genauer: am sogenannten sozio-kulturellen Existenzminimum. Einen Zirkusbesuch mit den Kindern oder gar einen Urlaub können sich die Betroffenen kaum leisten.


Scholz betroffen


Dass sich die Schere zwischen Arm und Reich auch hierzulande immer weiter öffnet, geht aus dem Entwurf für den neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervor. Der ist zwar noch nicht veröffentlicht, Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) gab aber am Wochenende in einem Interview mit "Bild am Sonntag" vorab schon mal Einblicke die wichtigsten Kennzahlen. "Es tut weh, wenn man auf jeden Cent achten muss", zeigte er sich von den Ergebnissen betroffen.

Die Rohfassung des brisanten Werks will der Minister an diesem Montag in Berlin der Öffentlichkeit vorlegen. Danach soll der Entwurf mit den anderen Ressorts abgestimmt werden. Erst dann geht der Bericht ins Kabinett. Den letzten Armuts- und Reichtumsbericht legte die Bundesregierung vor gut drei Jahren vor. Dass sich seither die Entwicklung entschärft hat, ist nicht ersichtlich.


Armut trotz Arbeit


Auch wenn die Details noch unbekannt sind: Das Zahlenwerk wird kein Ruhmesblatt für die Bundesregierung. Es dürfte aber reichlich koalitionspolitischen Sprengstoff bergen - etwa, was die Konsequenzen angeht. So empfindet es Scholz als "besonders bedrückend", dass die Zahl jener, die trotz Arbeit im Armutsrisikobereich landen, größer wurde: "Das zeigt: Wir haben zu niedrige Löhne in Deutschland und wir brauchen Mindestlöhne", lautet das Fazit des Ministers.

Arm ist nach offizieller Definition, wer als Alleinlebender weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient. Das sind, so Scholz, "781 Euro netto". Als reich gilt, wer als Single netto mehr als 3418 Euro monatlich zur Verfügung hat. Die Entwicklung skizziert der Sozialdemokrat mit den Worten: "Die Einkünfte der Reichen sind gewachsen, dagegen sinken die Einkommen im unteren Bereich leicht, im mittleren Bereich stagnieren sie."


Hartz-Reform begünstigt Armut


Für Langzeitarbeitslose und Alleinerziehende ist das Risiko nach wie vor groß, in Armut zu fallen. Für diese beiden Gruppen sei die Lage am schlimmsten, sagt Scholz. "Haben die Eltern Arbeit, sinkt das Armutsrisiko auf nur noch vier Prozent der Haushalte mit Kindern." Deshalb sei der Regierung auch besonders der Ausbau der Kleinkinderbetreuung wichtig, damit Alleinerziehende leichter eine Arbeit annehmen könnten.

Auch die Hartz-Reformen haben nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Ausbreitung von Armut in Deutschland beigetragen. So brachte die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II gut jedem zweiten Betroffenen - vor allem Kinderlosen - Verschlechterungen. Für etwa ein Drittel verbesserte sich aber die Lage. Nach Erkenntnissen des Statistischen Bundesamtes lag die Armutsgefährdung 2004 im Osten mit 17 Prozent deutlich höher als in Westdeutschland mit zwölf Prozent.


Viel weniger Wohnungslose


Anders als in anderen Ländern ist Armut in Deutschland jedoch so gut wie nicht mehr mit unmittelbarer physischer Not verbunden: Niemand verhungert oder muss unter Brücken schlafen. Als Beleg verweist Scholz darauf, dass sich die Wohnungslosigkeit seit 1998 halbiert hat: Von 530.000 auf 254.000 Betroffene. Auch bei den älteren Menschen seien heute weniger von Armut betroffen als früher. "Nur 2,3 Prozent von ihnen sind auf die Grundsicherung angewiesen, weil Rente und andere Einkünfte nicht reichen." Sozialverbände befürchten aber, dass sich diese Quote langfristig vervielfachen könnte.


 

Quelle:

Text:

http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/25/0,3672,7241945,00.html

Film:

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/499098?inPopup=true

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